Die Behandlung des Trachtenzwanghufes

Nach Prof. Hertsch zunächst einmal Barfuß

Für Befürworter des Barhufgehens ist es interessant, wenn auch die Schulmedizin bei Hufproblemen den unbeschlagenen Huf berücksichtigt.
Dankenswerterweise hat die BESW ein Vortragsscript zum Trachtenzwang von Prof. Dr. Bodo Hertsch ( FU Berlin, Fachbereich Veterinärmedizin ) zugänglich gemacht www.besw.de.
Der Vortrag „Der Trachtenzwanghuf des weiten und engen Hufes“ wurde auf der Veranstaltungsreihe „huf-Factory“ der BESW am 23. Oktober 2005 in Dillenburg gehalten.

Beschreibung und Ursachen des Trachtenzwanghufes entsprechen in diesem Script den üblichen Darstellungen zu diesem Hufproblem in der Literatur ( z.B. Ruthe ).

Neu: zunächst mal barhufig

Das Neue und Erstaunliche zeigt sich in den Abschnitten zur Therapie des Trachtenzwanghufes: zunächst mal barhufig.
Für beide Zwangsformen „ gilt als sicherste Therapie zunächst das Barfußgehen unter ständiger Hufkorrektur bei hinreichender Feuchtigkeitszufuhr“ ( S.5 / Druckversion des Scripts ).

Bisher: Korrektur durch Beschlag

Erstaunlich und bemerkenswert deshalb, weil in den bisherigen tiermedizinischen Büchern und Lehrbüchern zum Hufbeschlag hauptsächlich Behandlungen mittels Beschlag vorzufinden sind:
glattes Eisen mit Steg und Einlagen, Halbmondeisen, Eisen mit verjüngenden Schenkelenden, mit nach außen geneigten Tragflächen, .. usw. ( z.B. Körber ). Außerdem werden die Trachtenwände evtl. noch mit Rinnen versehen oder dünngeraspelt.
Unter den Beschreibungen der Beschlagsvarianten findet man schon mal den Hinweis, das man eine Weitung auch durch ausgiebigen Weidegang ohne Hufbeschlag erreichen könnte ( z.B. bei Hermans, mit dem Hinweis nur bei jüngeren Pferden ).

Beschlag als Kompromiss

Die Einschätzung Hertsch zur Beschlagsbehandlung ist unmissverständlich:
„Alle Behandlungen mit Hilfe des Beschlages sind Kompromisse“ ( S.3 ).
Das Hufdeformationen wie Trachtenzwang gar als Folge des Hufbeschlages ( zu kurzes Eisen, zu eng gerichtet, zu langes Liegenlassen,... ) in Frage kommen, wird nicht nur von Hertsch sondern bereits von vielen anderen Autoren ( wie Ruthe ) erwähnt. Vor was man schützen will, wird durch selbiges verursacht.

Jetzt: Barhuftherapie statt Beschlag

Wie sieht nun aber die Barfußtherapie aus?
Hertsch nennt 3 Punkte, die konsequent dazugehören:

Zukünftig mehr Achtung für den Barhuf?

Bisher hat sich tiermedizinische Forschung im universitären Bereich ( der sogen. „Schulmedizin“ ) dem Barhuf nur wenig zugewandt. Warum auch - der Huf wird zwar als komplexes Organ gesehen, aber es wird kein Unterschied gemacht zwischen beschlagenem Huf und Barhuf. Ja, es scheint so zu sein, als sei der beschlagene Huf der „normale, natürliche“ Huf ( quasi der Standard ) - erst recht bei Hufproblemen. Denn auch hier ist der Standard der handwerkliche Beschlag.
Eine Änderung zum Barhuf ( plus zu tiergerechten Haltungsbedingungen ) könnte sich mit Hertschs Beschreibung zur Therapie des Trachtenzwanghufes auch in der Schulmedizin anbahnen.

Im Vergleich zur Schulmedizin beschäftigt sich in Deutschland z.B. der Forschungsansatz von Dr. H. Strasser seit Ende 1970 explizit mit dem natürlichen Barhuf und den vielfältigen Zusammenhängen mit dem Körper und den Lebensbedingungen.
Weltweit haben sich mittlerweile Ansätze und Einrichtungen etabliert, die sich mehr oder weniger dem Barhuf widmen von "Wild Horse Research" bis zum "Equine Foot Laboratory" von R.Bowker.
Warum die Ergebnisse bisher ignoriert werden, ist nicht zu verstehen. Berührungsängste und pauschale Ablehnung sind da fehl am Platz. Nichts läge näher, als diese Wissensbasis in die wissenschaftlichen Diskussion und auf den Prüfstand zu bringen. Und in eine pferdegerechtere Hufpflegepraxis.