Pferdefütterung
Dr.med.vet. Dorothee Meyer, IWEST
Dieser Artikel ist vorläufig und noch nicht authorisiert!!!
Mein tierärztliches Tätigkeitsfeld befasst sich weniger mit der Therapie von Erkrankungen, als vielmehr mit Prävention.
Im Pferdesport hat - neben der Auswahl eines guten Fachmannes/Fachfrau für die Hufzubereitung und einem vernünftigen Trainer/-in bzw. eigenen
Trainingsplanes mit passenden Ausrüstungsgegenständen ( Sattel, Gebiss etc. ), die Ernährung zentrale Bedeutung für Gesundheit und Leistungsvermögen,
und so kommt es, dass ich mich beruflich fast ausschließlich mit Pferdefütterung befasse.
(Folie 1)
Die überwiegende Anzahl der Pferde werden heute zu Sportzwecken gehalten und mit dem Begriff Sport verbinden wir die Schlagworte : schneller, höher, weiter, neue Rekorde.
Für den Humanathleten gibt es spezielle Diäten und uns allen ist die Nahrungsergänzung, sei es in Form von Vitaminen, sei es als Vitaminkomplexe oder als Einzelvitamine,
von Mineralien, Elektrolyt- und Powerdrinks, Aminosäuren- bzw. Peptidmischungen für den Muskelzuwachs beim menschlichen Leistungssportler bekannt und genauso werden
derartige Produkte auch für den Pferdesportbereich angeboten und gekauft.
Hier die Nahrungsergänzung für die Muskulatur, dort die gegen Nervosität,
eine andere für mehr Ausdauer oder eine gegen Elektrolytmangel, daneben noch andere wie die für Hufwachstum. Kurzum, Nahrungsergänzungen für Sportpferde gibt es
zu hauf und sie alle werden gekauft und voller Hoffnung gefüttert.
Doch gleichzeitig wird immer noch - oder besser gesagt - eher immer häufiger übersehen, dass diese
Hoffnungen, nämlich mit einem Mittel x das Problem y lösen zu können immer dann versagen muss, wenn die Grundansprüche des Organismus Pferd an seine artspezifische
Ernährung durch unzureichende Grundfütterung nicht oder nicht ausreichend befriedigt werden.
Leider ist das Wissen um die Grundansprüche eines Pferdes an seine Ernährung
immer noch unzureichend und so verwundert es nicht, dass z.B. Hufrehe - eine Erkrankung die in den überwiegenden Fällen durch falsches Fütterungsmanagement ausgelöst
wird - heute sogar eher häufiger auftritt.
Um eine den physiologischen Bedürfnissen angepasste Fütterung zu erreichen, bedarf es zunächst einiger Grundkenntnisse über
den Verdauungstrakt.
Nur mit diesen Kenntnissen ist es möglich, Futtermittelauswahl, Fütterungshäufigkeit und Futtermenge zu einer im Idealfall für ein bestimmtes Pferd unter
bestimmten sportlichen Leistungen gesunden und leistungsgerechten Ernährung zusammenzustellen.
Ernährung hat eine Menge mit Chemie, bzw. Biochemie zu tun, dennoch weigere ich mich zuzustimmen, wenn behauptet wird, Ernährung sei in erster Linie eine Frage
bedarfsdeckender Zufuhr von Nährstoffen.
Ernährung hat eine Menge damit zu tun, zunächst herauszufinden, welche Nahrungsmittel bzw. Futtermittel für eine Tierart
überhaupt geeignet sind und danach können wir dann erst darüber nachdenken, ob mit diesen Futtermitteln sämtliche Bedarfszahlen abgedeckt sind.
Bevor wir uns also mit Bedarfszahlen und Biochemie befassen, müssen wir uns zunächst mit dem Organismus des Endverbrauchers unserer Ernährungsempfehlungen beschäftigen.
Schauen wir uns zunächst einmal den Verdauungstrakt eines Pferdes an:
(Folie 2)
Kopfdarmverdauung
Der Verdauungsprozess beginnt mit der Aufnahme von Nahrung in der Maulhöhle
(Folie 3)Futteraufnahmeverhalten
Das Pferd hat ein sehr stark selektives Nahrungsaufnahmeverhalten. Geruch und Geschmack des angebotenen Futters bestimmen neben dem Hungergefühl wesentlich
die Nahrungsaufnahme. Stress, Krankheit, übermäßige Leistungsanforderung wirken depressiv auf das Futteraufnahmeverhalten.
Die häufig gehörte Ansicht, ein Pferd würde so
natürlich empfinden, dass es nur der Gesundheit zuträgliche Futtermittel aufnähme, ja dass die Vorliebe für ein bestimmtes Futtermittel geradezu ein Hinweis auf die
Notwendigkeit der Verfütterung darstelle, stimmt nur eingeschränkt.
Der Wohlgeschmack eines Futters ist für ein Pferd ebenso wie für uns oft wichtiger als seine "wertvollen"
Bestandteile. Neben Gras ( das ist nun ein natürliches Futtermittel ) ist Melasse ein bei Pferden heißgeliebter Futterbestandteil. Ein Grund übrigens, warum die meisten
industriell hergestellten Futtermittel mit Melasse angereichert werden. Melasse ist ein Produkt der industriellen Zuckergewinnung, ist mit Sicherheit kein für Pferde
natürliches Futtermittel, ist als Zucker auch nicht als besonders "gesund" einzustufen, ist ein besonders schnell verderblicher Futterinhaltsstoff. Die Aufzählung an dieser Stelle
soll nur als Beispiel dienen, dass ähnlich wie Kinder auch die Pferde ernährungsphysiologisch keineswegs nötige Futterstoffe dennoch begeistert verzehren.
Es ist also nicht unbedingt Beweis für die besonders gesundheitsfördernde Wirkung eines Futters, wenn ein Pferd sich mit Begeisterung auf ein Krippenfutter stürzt.
Meist steckt dahinter nur der Geschmack, oder der Umstand, dass bei unserer Stallhaltung das natürliche Fressverhalten unmöglich zu erhalten ist.
Pferde würden in der Steppe etwa 16-18 Stunden des Tages mit Fressen zubringen.
Weidepferde tun dies auch und fressen hierbei bis zu 50 kg Gras und mehr, das unter diesen Bedingungen mit sehr viel Bedacht ausgesucht wird.
Stallhaltung bedeutet, dass dieses natürliche Futteraufnahmeverhalten unmöglich gemacht wird. Eine 2-malige Kraftfuttergabe und hinzu eine vielleicht sogar nur einmalige
Heufütterung entspricht nicht einem Lifestyle von 18 Stunden Fressen. Bei Versuchen an Pferden unter Stallhaltung stellte sich heraus, dass sie am liebsten ihr Krippenfutter
auf etwa 10 Mahlzeiten täglich aufteilen und dabei nie mehr als etwa 200 gr. pro 100 kg Körpergewicht fressen würden. Dieser Punkt ist sehr bedeutsam, denn die Verfütterung
zu großer Krippenfuttermengen pro Portion ist die Ursache für massive Beeinträchtigungen des Verdauungstraktes in der täglichen Fütterungspraxis. Davon später mehr.
Heu würden Pferde ständig fressen, wobei etwa 50% der Heuaufnahme am liebsten nachts erfolgt.
Tabelle 4
Ein Pferd ist im Gegensatz zum Rind ein sehr kritischer Fresser. Jeder Halm Gras oder Heu und jedes Krippenfutter wird vor der Aufnahme in der Regel erst gründlich untersucht
( bei sehr hungrigen Pferden fällt diese Untersuchung etwas weniger gründlich aus ). Hierzu dient eine sehr bewegliche Oberlippe, die das Futter zunächst abtastet und dabei auch
recht energisch hin und her schiebt. Direkt oberhalb der Oberlippe befinden sich die Nüstern und so wird verständlich, weshalb Pferde so empfindlich auf hygienisch bedenkliche
Futtermittel reagieren: beim Durchsuchen des Futters werden dem Futter anhaftende Pilzsporen, Milbenkot, Staub etc. regelrecht herumgewirbelt und mit der Atemluft entsprechend
unmittelbar aufgenommen. Das nur im Voraus, sozusagen am Rande zum Thema hygienische Beschaffenheit von Futtermitteln. Sobald etwas als genießbar erkannt wurde, gelangt
es in die Maulhöhle und damit in ein regelrechtes Mahl- und Quetschwerk .
Die Zähne eines Pferdes sind dank ihrer höckerigen Oberflächenbeschaffenheit optimal dafür geeignet,
das Futter mechanisch in kleinste Bestandteile zu zerlegen. In der Tat sind die einzelnen Futterbestandteile, die die Maulhöhle eines zahngesunden Pferdes passieren nicht größer
als 1-2 mm im Durchmesser und 1 - 4mm in der Länge.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass diese Tatsache nicht dazu verleiten sollte, dem Pferd von Haus aus vermahlene oder zu klein geschnittene Futtermittel zu verfüttern.
Diese werden kaum gekaut und zum Teil nur zerdrückt abgeschluckt, wie Siebanalysen nach Verfütterung von Alleinfutter- oder Trockengrünpellets und Häcksel unter 1 cm Länge
ergaben. Verdauungsbeschwerden sind hier die Folge.
Dass die Zähne eines Pferdes gesund sein müssen, um ihre Kaufunktion erfüllen zu können soll hier der Vollständigkeit halber auch angesprochen sein. Regelmäßige Gebisskontrolle
durch einen Fachmann ist kein Luxus, sondern für jeden verantwortungsvollen Pferdehalter eine Selbstverständlichkeit.
Schon bei jungen Pferden, die im Zahnwechsel wesentlich häufiger Probleme haben, als man vielleicht annehmen möchte ( Zahnkappen, Wolfszähne etc. ) und natürlich sind bei
Pferden mit Gebißanomalien häufiger die Zähne zu kontrollieren.
Durch den Kauvorgang der Pferde erklären sich die unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mit denen Futtermittel gefressen werden.
Für 1 kg Heu braucht ein Pferd 40-50 Minuten
Zeit. Um ein Kilo Hafer zu fressen, aber nur 10 Minuten. Hafer ist in einem Mahlwerk einfach schneller zu zerkleinern als Heu. Da beim Pferd die Speichelproduktion nicht wie bei uns
oder beim Hund primär durch olfaktorische Reize ( Geruchssinn ) ausgelöst wird, sondern der Speichel rein mechanisch bei jedem Kauschlag
aus den Speicheldrüsen quasi herausmassiert wird, korreliert die Fresszeit eines Futtermittels auch unmittelbar mit der Menge des sezernierten ( absonderten ) Speichels. Die Speichelmenge ist ganz
bedeutend für die weiteren Verdauungsvorgänge.
Der Pferdespeichel enthält zwar so gut wie keine Enzyme, das heißt er hat zwar keine direkte Bedeutung für den Nahrungsaufschluß, wohl aber eine indirekte, insofern er erhebliche Mengen an Bikarbonat enthält ( also ein starkes Puffersystem darstellt, was beim Pferdemagen sehr wichtig ist, darauf kommen wir noch ) und zudem entscheidet die Speichelmenge über die Festigkeit oder Durchlässigkeit des Nahrungsbreis im Magen und Dünndarm für die dort vorhandenen Verdauungsenzyme.
Take-home Message
Je länger gekaut wird, desto mehr Speichel wird gebildet.
Zusammenfassung Kopfdarmverdauung beim Pferd
- Futtersuche und Futtersondierung erfolgen mit Geruchs-, Gesichts- und Tastsinn.
- Mit Aufnahme fester Nahrung durch Lippen, Schneidezähne und Zunge setzt reflektorisch der Kauvorgang ein.
- Pro Minute erfolgen bei Großpferden 60-80 Kieferschläge. Die Kauseiten werden rhythmisch gewechselt.
- Speichelbildung erfolgt in erster Linie rein mechanisch.
- Speichelbildung vornehmlich in der Ohrspeicheldrüse ( Parotis ), pro Min. 40 – 90 ml
- Zerkleinerungsgrad der Nahrung in der Maulhöhle: 1 - 2 mm im Durchmesser und 1 - 4mm in der Länge ( Vorsicht bei feinfaserigem und zu kurz gehäckseltem Rauhfutter! ).
- Abschlucken der Nahrung in etwa 30-Sekunden-Takt und Weiterbeförderung durch peristaltische Wellen in der Speiseröhrenmuskulatur.
- Aufenthalt des Nahrungsbreis vor Mageneingang in einer Erweiterung der Speiseröhre ( bis zu 30 Sek. ).
Störungen der Kopfdarmverdauung
- Haken- bzw. Gratbildung an den Backenzähnen, Zahnkappen, Wolfszähne. Gebissanomalien: => Verletzungen der Maulschleimhaut, mangelnde Futteraufnahme, ungenügende Zerkleinerung der Nahrung, verringerte Speichelbildung, verschlechterte Verdauung
- Verabreichung stark quellender Futtermittel ( Trockenschnitzel z.B. ), feinfaseriger Futtermittel ( junger, langgewachsener Klee, Windhalm ),
- zu kurz gehäckseltem Rauhfutter ( unter 2cm ), bei Grascobs: => Schlundverstopfung
Mit dem Übergang des Nahrungsbreis aus der Speiseröhre in den Magen beginnen die eigentlichen Verdauungsvorgänge. Alles vorher war im Prinzip nur mechanische Zerkleinerung
und Durchfeuchtung.
Magenverdauung
Mit der Magenverdauung beginnt der eigentliche Verdauungsprozess.
Der Pferdemagen ist überraschend klein. Sein Fassungsvermögen von nur etwa 18 Liter ( 10 – 23 Liter max.
im Vergleich zum Fassungsvermögen des Dickdarms von immerhin insgesamt etwa 130 Litern ) entspricht den Anforderungen des ehemaligen Steppentieres Pferd, das in seiner
natürlichen Umgebung kaum konzentrierte Futtermittel fand, die eine große Kapazität von Magen und Dünndarm erforderlich gemacht hätten, sondern das viele Stunden des Tages mit
der ständigen Aufnahme kleiner Portionen pflanzlicher und rohfaserreicher Nahrung verbrachte. Entsprechend ist auch der Magen unserer Sportpferde nach wie vor auf ständige
Aufnahme kleiner Futtermengen eingestellt.
Der L-förmige Pferdemagen besteht aus verschiedenen Regionen.
Aus der Speiseröhre gelangt der Futterbrei zunächst in einen kuppelförmigen Blindsack in dem keine Verdauungssäfte abgesondert werden,
sondern wo ausschließlich mikrobielle Umsetzungen stattfinden, die die leicht abbaubaren Kohlenhydrate ( Zucker, Stärke ) und teilweise Proteine zunächst
mikrobiell angreifen.
Dabei entsteht ( neben anderen Abbauprodukten wie flüchtigen Fettsäuren und Gasen ) auch Milchsäure. Je mehr Kohlenhydrate ( Zucker, Melasse, Stärke aus Getreide z.B. )
im Futterbrei vorhanden sind, umso mehr Milchsäure wird gebildet und umso wichtiger ist die Pufferwirkung ausreichender Speichelmengen (s.o.) um die Bildung von
Magengeschwüren und Aufgasen des Magens zu verhindern.
Da der Pferdemagen nicht strikt unterteilt ist, gelangt das Futter schichtweise in den Blindsack und in den Fundusteil. Im Blindsack herrscht ein pH-Wert nahe 6 ( 5,9 ) im Fundusteil dank HCI-Ausschüttung ( Salzsäure ) ein pH-Wert von etwa 5,6. Im Anfangsteil des Magens dominieren mikrobielle Umsetzungen, es werden leicht zugängliche Kohlenhydrate abgebaut wie z.B. Zucker und Stärke. Neben Milchsäure und kurzkettigen Fettsäuren entstehen dabei auch Gase.
Eine überhöhte Melassierung des Futters ist bei Pferden wegen der überhöhten Milchsäurebildung abzulehnen! Ebenso ein überhöhter Stärkegehalt!
Magensäfte ( Pepsin, Salzsäure ) werden erst in der Fundus- und Pylorusregion des Magens gebildet und an den Mageninhalt abgegeben, wodurch die mikrobiellen
Umsetzungen abgebrochen werden. Der Pferdemagen wird aufgrund seiner Lage schichtweise gefüllt.
Der Magensaft greift deshalb zunächst nur die nahe an der Wand gelegenen Schichten des Mageninhalts an, erst am Magenausgang erfolgt eine umfassende Durchmischung aufgrund
der dort stärkeren Kontraktionen.
Nur eine ausreichende Durchmischung des Mageninhalts mit Magensaft gewährleistet nachfolgend störungsfreie Verdauung.
Dies gelingt natürlich nicht bei:
- vermehrter physischer oder psychischer Belastung unmittelbar nach dem Füttern
- zu großen Futtermengen
- bei Verkleisterung ( Weizen, Roggen )
- zu hastiger Futteraufnahme
- zu hoher Trockensubstanz des Mageninhaltes wegen unzureichender Einspeichelung ( hohe Krippenfuttermengen )
- sehr hohem Quellvermögen des Futters
Hierbei kann es im Magen wegen der damit verbundenen erhöhten Gasentwicklung ( die bakteriellen Umsetzungen werden wegen Mangel an Magensaft nicht ausreichend unterbrochen ) zu ernsten Fehlgärungen bis hin zur Zerreißung des Magens kommen.
Das bedeutet für die Praxis:
- vor der Kraftfutterfütterung Heu füttern, am besten 10 Min. bis 1/4 Stunde vorher
- ausreichende Ruhe nach der Fütterung ( mindestens 1/2 -1 Stunde )
- Ruhe im Stall allgemein, sowie Vermeiden von Unruhe und Aggression untereinander ( Futterneid ) und hastiges Fressen durch z.B. Anbringen von Sichtschutz zum Boxennachbar im Bereich der Futterkrippe.
- die Krippenfuttertagesmenge auf mehrere kleine Mahlzeiten aufteilen, wobei die nach Stärkegehalt nie mehr als 250 - 400gr / 100 kg Körpergewicht gegeben werden sollten.
Demnach wäre die äußerste Menge pro Mahlzeit bei einem 600 kg schweren Pferde 1,5 kg bei Verfütterung von Getreidemischungen aus stärkereichen Getreide ( Mais und Gerste ). Bei Hafer könnte im Maximum bei einer Mahlzeit demselben 600kg-Pferd 2,4 kg gefüttert werden.
In der Praxis werden diese Mengen wegen der teilweise nur zweimaligen Fütterung der Pferde mit Krippenfutter häufig überschritten.
Störungen der Magenverdauung führen beim Pferd wie beim Menschen zu Magengeschwüren. Diese sind übrigens beim Pferd keineswegs so selten zu finden, wie der eine oder andere Pferdehalter vielleicht annehmen mag. Sie werden lediglich seltener diagnostiziert, da Pferde stummer leiden als der Mensch.
In einer an Ponys durchgeführten Untersuchung der Universität Hannover ( Prof. Coenen 1990 / 1992 ) wurde über einen Zeitraum von 3 - 8 Wochen einer Gruppe nur
Heu gefüttert, einer anderen Gruppe im selben Zeitraum ein Mischfutter ( Alleinfutter ) für Pferde. Nach diesem Zeitraum wurden die Mägen untersucht und dabei wurde festgestellt:
von den Ponys, die über den Versuchszeitraum nur mit Heu gefüttert wurden, hatte kein einziges Defekte der Magenschleimhaut. Von den mit Alleinfutter ernährten Ponys hatten
dagegen über diesen kurzen Zeitraum bereits nahezu 2/3 größere Defekte und Läsionen der Magenschleimhaut.
Dünndarmverdauung
Nach dem Magen gelangt der Futterbrei in den Dünndarm ( 20m lang, aber nur 64 Liter Fassungsvermögen ). Passagegeschwindigkeit etwa 20cm/min., das heißt: nach 1,5 Std. hat
der Futterbrei den Dünndarm durchlaufen und die enzymatische Verdauung sollte dabei möglichst vollständig erfolgt sein!
Im ldealfall verlässt ein von Pepsin und Magensäure gut durchsafteter, lockerer und in seiner Stärke bereits vorverdauter Futterbrei den Magen und kommt in den Dünndarm.
Zu Beginn des Dünndarms mündet etwa 15 cm nach dem Magenausgang die Bauchspeicheldrüse und der Lebergang in den Zwölffingerdarm ( 1.Teil des Dünndarms ).
Die Bauchspeicheldrüse des Pferdes weist im Vergleich zu uns und anderen Tierarten ( z.B. Hund ) eine recht geringe Aktivität an Enzymen ( fettspaltende, stärkespaltende
und eiweißspaltend ) auf. Dafür ist das Bauchspeicheldrüsensekret sehr reich an Alkalien ( Laugen ), um den sauren Magensaft zu neutralisieren. Über den Lebergang wird ständig
Galle in den Dünndarm eingeleitet, das Pferd hat keine Gallenblase, so dass die Galle kontinuierlich und nicht stoßweise abgegeben wird. Hinzu kommt noch Abgabe von Dünndarmsaft
aus den Drüsen der Schleimhaut.
Die Passagegeschwindigkeit des Futterbreis im Dünndarm ist mit 20 cm pro Min. relativ hoch, d.h. der Aufenthalt im Dünndarm ist trotz seiner Länge von ca. 20m nach spätestens 1,5 Stunden beendet. In dieser kurzen Zeit müssen die gesamten enzymatischen Verdauungsvorgänge abgeschlossen sein, ansonsten geraten unverdaute Nahrungsbestandteile in den Dickdarm, was erhebliche gesundheitliche Gefährdungen in Form von Verdauungsstörungen nach sich ziehen kann.
Die enzymatischen Prozesse im Dünndarm sind an einen bestimmten pH-Wert gebunden, d.h. um störungsfrei ablaufen zu können, ist eine begrenzte Säurekonzentration Voraussetzung.
Der pH-Wert im Dünndarm hängt ab von:
- der Abpufferung der Magensäure durch ausreichende Sekretion von Lauge ( Natriumhydrogencarbonat ) aus der Bauchspeicheldrüse
- dem Stärkegehalt des Nahrungsbreis
Kommt aus dem Magen ein zu hoher Anteil an leicht fermentierbarer Stärke ( Getreide ) in den Dünndarm, so wird vermehrt Milchsäure gebildet, was den Dünndarminhalt absäuert.
Unter einem pH-Wert von 6 ( die körpereigenen Enzyme arbeiten am besten bei einem pH-Wert von 7 - 7,5 ) ist der enzymatische Abbau in Frage gestellt. Wegen der Absäuerung steigt
auch die Gefahr der Schleimhautschäden ( Geschwürneigung ) und gleichzeitig werden von den Mikroorganismen vermehrt Gase produziert.
Bei ungestörter Dünndarmverdauung sind folgende Bedingungen erfüllt:
- der pH-Wert steigt im Dünndarmverlauf von 6,0 im Zwölffingerdarm ( Anfangsteil des Dünndarms mit Einmündung des Pankreasganges ) auf 7,4 im Endteil des Dünndarms ( Ileum ) kontinuierlich an.
- bei normalem Ansteigen des pH-Wertes wird die höchste enzymatische Aktivität der
- Verdauungsenzyme gewährleistet und bis zum Ende des Dünndarms ist 95% der Stärke abgebaut und über die Dünndarmzotten als Glucose resorbiert, ebenso sind 65% des Getreideeiweißes und über 90% des Futterfettes abgebaut und resorbiert
Störungen der Dünndarmverdauung
Störungen der Dünndarmverdauung sind unter praktischen Fütterungsbedingungen in erster Linie Störungen der Stärkeverdauung.
Welche Konsequenzen haben die Verfütterung übergroßer Getreidemengen pro Mahlzeit bzw. die Verfütterung großer Mengen Getreide mit schwer abbaubarer Stärke ( Mais, Gerste )?
Enzymatische: mangelnder Stärkeaufschluss führt zu pH-Wert-Abfall, dies wiederum zu vermehrte Gasbildung im Dünndarm ( Koliken ), und Übergang unverdauter Stärke in den
Dickdarm. Dort führt unverdaute Stärke ebenfalls zu vermehrter Gasbildung ( Koliken ) und saurem Kot.
Verbunden ist dies zudem mit mangelhafter Aufnahme von Calcium und
Magnesium, den im Dünndarm resorbierten Mineralstoffen. Wegen der im Vergleich zu Hafer, ( dessen Stärke im Dünndarm hoch verdaulich ist ( über 90% ) schlechteren Verdaulichkeit
der Stärke von Mais und Gerste müssen diese Getreide in entsprechend kleineren Portionen verfüttert werden.
Bild !!!!!
Wichtige Eckpunkte der Dünndarmverdauung
Optimaler pH-Wert des Dünndarminhaltes für die enzymatische Verdauung liegt bei einem pH-Wert von 7 - 7,5 .
Der pH-Wert steigt dabei von 6 im Zwölffingerdarm ( Duodenum ) auf 7,4 im Ileum ( Dünndarmende ) kontinuierlich an.
Unter diesen Bedingungen werden bis zum Dünndarmende 95% der Nahrungsstärke ( bei Haferfütterung ) abgebaut und über die Dünndarmzotten als Glucose resorbiert.
Ebenso sind unter diesen Bedingungen 65% des Getreideeiweißes und über 90% des Futterfettes abgebaut.
Problematisch
- Senkung des pH-Wert im Dünndarm durch enzymatisch schwer abbaubare Stärke ( native Mais-, Gerstestärke ).
- Eingeschränkte Bauchspeicheldrüsensekretion ( Pankreassaft enthält Natriumhydrogencarbonat )
- Überhöhte Aufnahme saurer Futtermittel ( Silage z.B. ) => vermehrte Gasbildung => Koliken, => eingeschränkte Aufnahme von Calcium und Magnesium
Störungen der Dünndarmverdauung sind in erster Linie Störungen der Enzymatik, bzw. der Überlastung der Enzymatik durch Fütterungsfehler.
Zum Beispiel durch zu große Getreidemengen pro Mahlzeit ( mehr als 300gr Mais / Gerste bzw. 500gr Hafer pro 100kg Körpergewicht ).
Große Mengen stark saurer Silage ( "gute" Silage ) führt zu:
=> pH-Wert Senkung
=> eingeschränkter enzymatischer Nahrungsaufschluss
=> Geschwürbildung, Gasbildung
=> vermehrter Übergang unverdauter Nahrungsbestandteile in den Dickdarm.
Dickdarmverdauung
Der Darminhalt des Dünndarms wird stoßweise unter erheblichen Druck in den ersten Teil des Dickdarms, den Blinddarm geschleudert ( 3 - 6 mal stündlich in Mengen von 200 – 1500 ml ).
War die Passage des Futterbreis bis hierher sehr schnell ( Aufenthalt im Magen etwa 1 – max. 5 Stunden, Dünndarmpassage 1,5 Std. ) so verbringt der im Blinddarm ankommende Darminhalt allein dort die nächsten 15 – 20 Stunden ( Verweildauer im Dickdarm 34 – 46 Stunden im Vergleich zum Magen-Dünndarm nur 2,5 – max. 6,5 Stunden ).
Der Blinddarm ist bei einem Fassungsvermögen von bis zu 34 Litern ein großer spitzkegeliger Sack, dessen oberer Teil in der rechten Flanke des Pferdes beginnt und dessen Spitze bis zum Brustbein reicht.
Neben dem Grimmdarm ( Colon ) ist der Blinddarm ( Caecum ) am besten als Gärkammer zu verstehen. Hier finden ausschließlich mikrobielle Umsetzungen der während der Magen- und Dünndarmverdauung nicht angegriffenen Futterinhaltsstoffe statt. Dies sind die strukturierten Futterstoffe ( Rauhfutter, Gras ). Die Darmschleimhaut des Dickdarms beim Pferd enthält entsprechend keine Verdauungsenzyme, mehr und die Drüsen der Schleimhaut produzieren nur noch etwa ein Zehntel der Saftmenge des Dünndarms.
Die volle mikrobielle Leistungsfähigkeit des Dickdarms ist übrigens erst ab dem 8. Lebensmonat erreicht, nicht unwichtig vielleicht zu wissen, um sich den Zeitpunkt des Absetzens seines Fohlens noch einmal zu überlegen!
Anzahl und Aktivität der Dickdarmmikroben hängen entscheidend von der Futteraufnahme ab:
a ) vom pH-Wert im Darm. Je höher dieser liegt, desto weniger Keimeb ) vom Futtermittel selbst ( Rohfasergehalt insgesamt, sowie Art der Rohfaser )
nach H.Meyer, 1986 | |||
Futter | Rohfasergehalt | pH-Wert | Keime in Millionen |
---|---|---|---|
Rübenschnitzel | 18,3% | 6,7 - 7,5 | 10 - 54 |
Heu | 24,5% | 6,7 | 500 - 2500 |
Kraftfutter | 13% | 6,5-7,5 | 6-47 |
In der ersten Abteilung des Dickdarms, dem Blinddarm ( Caecum ), finden sich noch aus dem Dünndarm stammende Verdauungsenzyme ( Amylase, Saccharase, Maltase und Laktase ), die einen gewissen Endabbau bewirken, im Blinddarm beginnt aber die im Prinzip rein mikrobielle Verdauung. Verdaut werden soll damit der Futterbestandteil, der sich der enzymatischen Dünndarmverdauung entzogen hat, die Rohfaser der Nahrung.
Da mehr als 60% des Verdauungstraktes des Pferdes auf den Dickdarm entfallen, ist die Bedeutung einer ausreichenden Rohfaserversorgung für das Pferd schon ausreichend dokumentiert. Weiß man darüber hinaus, dass die physiologischen Gegebenheiten der Magen und Dünndarmverdauung eine Begrenzung der Kraftfuttergaben nötig machen, sofern nicht lebensbedrohliche Verdauungsstörungen ihn Kauf genommen werden sollen, dann wird man der Versorgung mit Rohfaser mehr Aufmerksamkeit widmen.
Rohfaser ist ein rein chemisch-analytischer Begriff und stellt keine Hilfestellung für die Wahl eines Futtermittels dar. Zeitungspapier ist rohfaserreich, Holz ebenfalls und dennoch sind dies keine Futtermittel für Pferde. Rohfaser ist auch keine einheitliche Bezeichnung für eine Substanz, denn es gibt verschiedenen Rohfaserarten, wie Zellulose, Pektin, Hemizellulosen, Lignin und Kutin beispielsweise. Sie unterscheiden sich in Bezug auf ihre Angreifbarkeit durch die im Dickdarm befindlichen Mikroben. Ligninkomplexe als Rohfaserbestandteile sind sehr schwer angreifbar, bzw. mit zunehmender Ligninzunahme gar nicht mehr angreifbar, so dass es keineswegs gleichgültig ist, welche Art von Rohfaser an ein Pferd verfüttert wird.
Heu ist nicht gleich Heu und Heu ist auch nicht mit Stroh gleichzusetzen.
Die Verdauungsvorgänge in den einzelnen Dickdarmteilen, Blinddarm ( Caecum ), Grimmdarm ( Kolon, unterteilt in großes und kleines Kolon ) sind nicht so voneinander zu trennen wie die im enzymatischen Verdauungsteil ( Magen-Dünndarm ).
Der Dickdarm insgesamt stellt den Ort der mikrobiellen Verdauung dar, d.h. dort befindliche Keime übernehmen die eigentliche Arbeit der Verdauung insofern, als sie aus dem Darminhalt die Nährstoffe aus der Nahrung gewinnen, bzw. erst synthetisieren, die anschließend über die Darmwand aufgenommen werden und dem Organismus somit zur Verfügung stehen.
Bakterien, das ist leicht nachzuvollziehen, vermehren sich in Abhängigkeit von:
- dem vorhandenen Nährsubstrat
- dem pH-Wert der Umgebung
- der evtl. Anwesenheit von Stoffen mit bakterientötender Wirkung
- der Anwesenheit von wachstumsfördernden Stoffen
Der Wiederkäuer und das Pferd ernähren sich als reine Pflanzenfresser in ihrer natürlichen Umgebung von Gras.
Das Pferd entsprechend seiner Herkunft als Steppentier lebt allerdings nicht unbedingt auf vollfetten saftigen Weiden, darauf komme ich später noch zurück. Für die Verdauung
dieser faserreichen Nahrung benötigen Wiederkäuer und Pferde entsprechend "Gärkammern" mit einer ausreichenden Anzahl von "Verdauungshelfern für Rohfaserverdauung",
das sind die Mikroben. Beim Wiederkäuer finden sich diese im Magen, d.h. der mehrhöhlige riesige Pansen erfüllt hier die Funktion der Gärkammer, beim Pferd ist der Dickdarm
Ort der Rohfaserverdauung.
Die Mikroben benötigen Zeit für ihre Arbeit der Nährstoffaufbereitung und entsprechend muss sich die Passage verlangsamen,
was sich in der langen Verweilzeit des Nahrungsbreis im Dickdarm auch entsprechend niederschlägt. Beträgt die Nahrungspassage im Dünndarm bei einer Gesamtlänge von
16 - 24 m insgesamt nur etwa 1 - 1,5 Stunden, so verbleibt der Nahrungsbrei im Dickdarm ( dessen Gesamtlänge beträgt 7 - 9 m ) sage und schreibe 34 - 46 Stunden.
Trotz der erheblichen Länge von 16 - 24 Metern fasst der Dünndarm nur 55-70 ltr . Der Dickdarm, trotz seiner geringeren Länge, hat dagegen ein Fassungsvermögen von mehr
als dem Doppelten ( bis 180 ltr ). Oder in Prozent ausgedruckt: nach Volumen berechnet entfallen mehr als 60% der Gesamtverdauung allein auf den Dickdarm,
womit eindeutig die Notwendigkeit einer ausreichenden Versorgung des Pferdes mit den dort verdauten Futtermitteln vorgegeben ist.
Entsprechend seiner physiologischen Verdauungsfunktion muss das Hauptnahrungsmittel eines heutigen Pferdes immer noch die Rohfaser sein.
Mögen sich Reiter und Futtermittelindustrie auch noch so oft nur über das Krippenfutter unterhalten. Wer die physiologischen Gegebenheiten und die Naturgesetze des Verdauungstraktes nicht ausreichend beachtet, der wird nicht nur mit Verdauungsproblemen konfrontiert, sondern auch mit massiven Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit. Ob verlängerte Lösungsphase oder ein schlecht zu aktivierendes Hinterbein, meist liegt die Ursache im Futtertrog.
Im Dickdarm befindet sich zudem auch noch der körpereigene Wasser- und Elektrolytspeicher eines Pferdes, der insbesondere im Sommer leistungslimitierend sein kann!
Distanzreiter wissen dies mittlerweile sehr genau, Militaryreiter sollten dies auch nicht zuletzt im Interesse ihres eigenen Überlebens bedenken und die Dressurreiter finden hier
vielleicht auch den Grund, weshalb ihr Pferd im Sommer schlechter piaffiert, als im Winter, bzw. im Sommer schlechter zu versammeln ist und so zäh am Bein wird.
Was tun die Bakterien im Dickdarm? Sie machen, was für Pferd und Reiter besonders interessant ist, in erster Linie flüchtige Fettsäuren, die dem Pferd als Energiequelle dienen. Also nicht nur das Krippenfutter bringt Energie, sondern aus der Rohfaser bilden die Dickdarmmikroben flüchtige Fettsäuren, die ebenfalls der Energiebereitstellung für körperliche Leistung dienen.
Wer nur immer über Krippenfutter spricht, der weiß dies vielleicht nicht und denkt Heu diene nur als Beschäftigungstherapie bei Stallhaltung, die Energie für Leistung ausschließlich
aus den Pellets im Trog. Das stimmt nicht, im Gegenteil.
Eigentlich weiß auch jeder, dass Weidepferde auf guten Weiden eher mollig sind. Gras ( Heu ist ja nichts anderes als
getrocknetes Gras ) muss also erheblich Energie enthalten, denn Fettbildung ist nur eine Frage der Energie- also Kalorienaufnahme.
Neben der Bildung flüchtiger Fettsäuren stellen die Dickdarmbakterien auch Vitamine her. Dies ist eine alte Erkenntnis und man hat schon seit Jahren durch Kotuntersuchungen
festgestellt, dass darin B-Vitamine vorhanden waren und zog daraus den Schluss, das Pferd würde diese B-Vitamine selbst produzieren, bräuchte sie dementsprechend nicht
über die Nahrung zu erhalten. Dies weiß man heute besser. Die Dickdarmsymbionten stellen diese Vitamine nämlich ausgerechnet nicht aus Freundlichkeit ihrem Gastgeber Pferd
gegenüber her, sondern zum eigenen Ge-und Verbrauch. Heute weiß man im Gegenteil, dass nur eine ausreichende Anwesenheit von B-Vitaminen die Dickdarmmikroben "startet",
bzw. "belebt".
Ebenso widerlegt ist die Ansicht, dass das von den Darmbakterien ebenfalls synthetisierte Eiweiß ausreiche, um die Versorgung des Pferdes mit essentiellen
Aminosäuren zu gewährleisten. Diese Ansicht findet sich in noch gar nicht so alten wissenschaftlichen Büchern zur Pferdeernährung.
Heute jedoch ist nachgewiesen, dass
dieses von den Dickdarmbakterien synthetisierte Eiweiß nicht vom Pferd aufgenommen wird und dass ganz im Gegenteil, die Anwesenheit einzelner Aminosäuren ( Eiweißbestandteile )
ebenfalls für die Dickdarmsymbionten unerlässlich sind.
Wie kann es sein, dass sich die Erkenntnisse in wenigen Jahren so ändern?
Das ist eigentlich leicht zu erklären: was denken Sie sich, wenn sie in einem Abfallhaufen neue,
teure, nie getragene, modische und qualitativ hervorragende Schuhe finden? Richtig, derjenige, der die Schuhe wegwarf, hatte die wohl im Überfluss.
Dementsprechend dachte man, wenn hier im wahrsten Sinne des Wortes "haufenweise B-Vitamine" im Stroh liegen, dann wird das Pferd wohl zuviel davon haben.
Seitdem man mehr über die einzelnen Stellen der Nährstoffaufnahme im Darmtrakt für einzelne Stoffe weiß, seitdem weiß man es eben besser.
Und wie das so ist, auch die Wissenschaft ist nicht davor gefeit, ihre Unkenntnis als "neueste Erkenntnis" auszugeben.
Das Problem hatte schon Galileo Galilei und auch die sonstigen Erkenntnisse der Wissenschaften heute unterscheiden sich von denen der letzten Jahre und Jahrhunderte doch gewaltig.
So gilt es auch hier Abschied von Irrtümern in Bezug auf Vitamin- und Eiweißsynthese im Pferdedarm zu nehmen.
Damit die Bakterien ihrer entscheidenden Funktion, nämlich der Energiebereitstellung durch die Bildung flüchtiger Fettsäuren im Dickdarm nachkommen können, muss alles
vermieden werden, was die Bakterien schädigt.
Übrigens nicht nur, weil damit die Energiequelle nachlässt, bzw. versiegt, der körpereigenen Wasser- und Elektrolytspeicher
eingeschränkt wird, sondern auch weil das ungeordnete Absterben von Dickdarmbakterien mit erhöhter Giftbildung verbunden ist. Die Hufrehe beginnt meist im Pferdedarm!
Ob angelaufenen Beine, ob vermehrte Gallenbildung oder der extreme Fall, die Huflederhautentzündung, bzw. die Hufrehe: Auslöser ist oft die gestörte Darmfunktion und die
vermehrte Bildung von Endotoxinen im Darm. Rehe wird wesentlich seltener durch Überlastung oder ein von außen zugeführtes Toxin ( z.B. Medikamente ) ausgelöst. Auslöser
der Rehe ist fast immer eine vermehrte Giftbildung im Darm aufgrund gestörter Verdauungsfunktion z.B. schlagartiges Umstellen von der rohfaserreichen eiweißarmen Winterfütterung
auf saftiges junges rohfaserarmes und extrem kohlenhydratreiches und eiweißreiches Gras im Frühjahr.
Weitere Gefahren für die Dickdarmverdauung: Antibiotika werden gegeben, um Bakterien abzutöten. Eine antibiotische Behandlung kann mitunter lebensrettend sein, insofern soll an dieser Stelle nicht das Missverständnis entstehen, Antibiotika seien schlecht. Nur, es ist logisch, wenn Antibiotika Bakterien töten, dann werden bei einer Behandlung mit Antibiotika notgedrungen auch Darmbakterien getötet. Deshalb ist bei einer antibiotischen Behandlung vermehrt darauf zu achten, dass die Dickdarmsymbionten gehegt, gepflegt und gefüttert werden, damit sie sich wieder erholen können. Da dies ausschließlich über die Ernährung des Hauswirtes Pferd passieren kann, bedarf die Ernährung eines kranken Pferdes ganz besonderer Aufmerksamkeit. Qualitativ bestes, blattreiches nicht zu spät geerntetes Wiesenheu wird hier zum wichtigsten Futtermittel, denn genau das ist der Wuchsboden für die wichtigen Darmbakterien.
Neben den Antibiotika gibt es noch eine zweite Gefahrenquelle für die Dickdarmsymbionten: Öl. Da Öl sehr viel Energie enthält ( Fett enthält mehr als doppelt soviel Energie als
Kohlenhydrate ), wird sportlich besonders geforderten Pferden gerne Öl gefüttert. Nun muss man wissen, dass das Pankreas eines Pferdes entsprechend seiner natürlichen Nahrung
im Gegensatz zur Bauchspeicheldrüse des Hundes ( der frisst natürlicherweise viel Fett mit der Beute ) wesentlich weniger fettspaltende Enzyme bildet. Deshalb kann es beim Pferd
recht schnell passieren, dass das Nahrungsfett im Dünndarm noch nicht vollständig gespalten ist, wenn es in den Dickdarm kommt.
Weshalb werden besonders empfindliche
Nahrungsmittel in Öl konserviert ( z.B. besonders feine Frischkäse oder die bekannten Ölsardinen ) ?
Weil Öl die Bakterien tötet.
In den Dickdarm gelangendes Öl kann zu massiver Schädigung der Darmflora führen, insofern muss Ölfütterung langsam in steigenden Mengen wenn überhaupt durchgeführt werden
und bei den ersten Erscheinungen von breiigem oder unangenehmen Geruch des Kotes, muss die Fütterung eingestellt werden.
Endotoxine ( Lipopolysaccharide ) sind Bestandteil der Zellwand gramnegativer Keime. Diese gramnegativen Keime gibt es auf Futtermitteln und natürlich auch im Dickdarm. Sterben z.B. durch abrupte Futterumstellung, massive Antibiose etc. Dickdarmbakterien ab, so werden diese Toxine frei und die Gifte werden vom Organismus aufgenommen. Insofern ist jede größere Schädigung der Dickdarmflora problematisch und eventuell lebensbedrohlich.
Die zentrale Entgiftungsstelle des Organismus ist die Leber. Leberschäden kommen bei Pferden relativ häufig vor, die Ursache dafür liegt so gut wie immer im Futtertrog. Es nützt wenig, die Leber zu behandeln, wenn nicht gleichzeitig die Ursache erforscht und das auslösende Agens erfolgreich ausgeschaltet wird.
Insofern ist bei leberkranken Pferden prinzipiell folgendes zu unternehmen:
- Überprüfung der Rationsgestaltung hinsichtlich der Verträglichkeit. Hier ist sowohl die Zusammenstellung von Futtermitteln, wie auch deren Mengenverteilung auf die einzelnen Fütterungen wichtig.
- Überprüfen der verabreichten Futtermittel in Bezug auf ihre hygienische Beschaffenheit
Die Naturgesetze des Verdauungstraktes des Pferdes zeigen sehr klar auf, welcher Futterinhaltsstoff für das Pferd von ganz entscheidender Bedeutung ist: die Rohfaser.
Jeder Verstoß gegen Naturgesetze wird bestraft. Es müssen keine lebensbedrohlichen Strafen sein, wie z.B. Koliken oder Hufrehe. Ekzeme sind meist ebenfalls die Folge vermehrter Gifte aus dem Verdauungstrakt, denn Gifte, das wissen wir, werden auch über die Haut ausgeschieden. Die lmmunsituation eines Körpers korreliert unmittelbar mit seinem Verdauungstrakt, das wird schon dadurch dokumentiert als im Darmbereich die meisten immunkompetenten Zellen des Organismus sich finden.
Gesundheit und
Leistungsfähigkeit eines Körpers sind nicht voneinander zu trennen, denn Gesundheit ist die Grundvoraussetzung für Leistungsfähigkeit.
Aber auch der Komfort, die Rittigkeit
eines Pferdes wird maßgeblich vom ungestörten Ablauf der Verdauungsfunktionen beeinflusse. Da sich die Rückenmuskulatur eines Pferdes nur dann entspannen kann, wenn
sich die Gegenspieler der Rückenmuskeln, die Bauchmuskeln entsprechend anspannen können, ist klar , dass jede auch geringfügige Störung im Bauchbereich ein Pferd sehr
erfolgreich daran hindern, mit schwingendem Rücken und locker, bei antrittstarkem Hinterbein gearbeitet werden zu können.
Rohfaser ist ein rein chemisch analytischer Begriff, wurde oben festgestellt.
Mit diesem Begriff werden mehrere Arten von Rohfaser belegt, dieser Begriff sagt allerdings nichts über die Verwertungsmöglichkeit und Wirkungsweise im Pferdedarm aus.
Der Begriff Rohfaser umfasst summarisch alle in der Pferdefütterung vorkommenden Rohfaserarten wie: Cellulose, Hemicellutose, Lignin, Pektin.
Nur Zellulose und Pektin können
von den Darmmikroben angegriffen werden.
Lignin ( Holzrohfaser ) nicht, so dass Futtermittel mit einem hohen Verholzungsgrad und entsprechend hohem Ligningehalt für die
Pferdefütterung in hohen Mengen nicht geeignet sind. Stroh ist ligninreich, ebenso sollte man wissen, dass mit zunehmendem Wachstum des Grashalmes auch dessen
unverdaulicher Ligningehalt zunimmt, der leicht verdauliche Cellulosegehalt dagegen entsprechend abnimmt ( Änderung der Rohfaserart mit dem Längenwachstum ), so
dass sehr spät geschnittenes, stengeliges und blattarmes Heu ( weit nach Blüte ) von den Darmmikroben wesentlich schlechter angegriffen werden kann, entsprechend
schlechter verdaulich ist und somit ein wesentlich schlechterer Energielieferant ist, als in bzw. Ende der Blüte geschnittenes blattreiches Heu.
Bei blattreichem, qualitativ gutem Wiesenheu erfolgt eine geordnete Dickdarmverdauung und über die von den Darmmikroben gut angreifbaren Cellulose werden dem Pferd über Stunden hinweg kontinuierlich ausreichende Mengen an flüchtigen Fettsäuren zur Verfügung gestellt.
Bei Verfütterung von Stroh ist dies nicht der Fall, denn hier erfolgt nicht nur wegen der Rohfaserart eine insgesamt ohnehin nur eingeschränkte Bildung flüchtiger Fettsäuren, sondern diese erfolgt im Gegensatz zur Fettsäurebereitstellung aus Heu nicht fortlaufend gemäßigt, sondern beim Stroh stoßweise.
Was macht ein Pferd, das keine kontinuierliche verlässliche Energiequelle für seine Leistung hat?
In etwa dasselbe wie Ihr Auto wenn die Bezinpumpe nicht zuverlässig
Kraftstoff bereitstellt: das Auto fährt nicht gleichmäßig und Ihr Pferd reagiert auf evtl. Energiemangel mit Rittigkeitsproblemen. Speziell für Pferde, deren Sportart auf
ausreichendes Angebot flüchtiger Fettsäuren angewiesen ist, weil speziell die Muskelzellen gefordert sind, die nur Fettsäuren verbrennen ( das sind Dressurpferde, Distanzpferde z.B. )
können ihr Leistungspotential nicht mehr ausschöpfen. Je nach Interieur des Pferdes kommt es dabei mitunter zu paradoxen Reaktionen. Wäre der Ursache Energiemangel
entsprechend zu erwarten, dass die Pferde sich einfach nicht mehr bewegen, sobald Sporen und Peitsche nicht für Antritt sorgen, so reagieren ausgerechnet die leistungsbereiten
Tiere mit Hektik. Das entspricht offensichtlich ( ich bin auch kein Pferd insofern kann ich über das Gefühlsspektrum nur vermuten ) einem Gefühl des Überfordertseins, wie es uns
Menschen vertraut ist: das Pferd weiß, dass Leistung verlangt wird und das Pferd spürt, dass es für diese Leistung nicht die geeignete Energieart und -menge zur Verfügung hat.
Die Hektik ist fertig, bzw. das Pferd sucht sein Heil in der Flucht, eine Reaktion die beim Fluchttier ganz normal und verständlich ist.
Neben der Energiebereitstellung ist zudem auch die Wasseraufnahme und das Wasserspeicherungsvermögen des Organismus eine Frage der Rohfaserversorgung. Die Wasseraufnahme und das Wasserspeicherungsvermögen eines Pferdes korrelieren unmittelbar mit der aufgenommenen Menge an Heu oder Stroh. Wasser dient im Organismus ebenso als Kühlflüssigkeit, wie bei Ihrem Auto. Fehlt Kühlflüssigkeit, so läuft der Motor heiß. Ihr Pferd auch.
Ursachen für Dickdarmstörungen:
- Verstopfungen
Die Verstopfungs- bzw. Anschoppungskolik ist Folge einer übermäßigen Aufnahme schwer kaufähiger und schwer bzw. unzureichend fermentierbaren rohfaserreichen Futtermitteln. Vermehrte Strohaufnahme ist hier entsprechend die häufigste Ursache einer Anschoppungskolik. Wenn Ihr Pferd gelben fasrigen Kot hat, dann sollten Sie die Fütterung überdenken, denn auch wenn Sie nie dabeistehen sollten wenn Ihr Pferd sich mit Stroh anfüllt, die Kotfarbe ist ein eindeutiger Hinweis. Leider funktioniert dieser simple, aber sehr korrekte Nachweis nicht bei Weidegang, weil selbst geringe Grasmengen den Kot immer durchschlagend grün färben. Sehr grobes, verholztes Heu kann ebenso zu Anschoppungskoliken führen. - Gaskoliken
Ebenso wie im Dünndarm führen auch im Dickdarm unverdaute Nahrungsbestandteile zu ungeordneter Gasbildung. Im Dünndarm schwer abbaubare Stärke ( Mais- und Gerstefütterung z.B. ) gerät insbesondere nach Fütterung größerer Portionen teilweise unverdaut in den Dickdarm und führt dort zu überschießenden Fermentationsvorgängen und massiver Änderung der Dickdarmflora. - Chronische Störung der Dickdarmflora
auch kleinere Mengen unverdauter Stärke oder Öl ändern die Dickdarmflora. Dies wird oft nicht erkannt, weil damit keine so eindrucksvollen Erscheinungen wie bei der Gaskolik verbunden sind. Diese Dysbiosen der Dickdarmflora sind aber nicht weniger ernst zu nehmen. Ist einmal damit sowohl die Leistungsfähigkeit wegen mangelnder Energiegewinnung über die Bildung flüchtiger Fettsäuren ) eingeschränkt, so ist auch der Elektrolythaushalt eingeschränkt. Dies sind meist auch die Pferde, die immer bei „Wetterwechsel“ koliken. Es ist aber nicht das Wetter ( sonst müsste sich logischerweise der gesamte Pferdebestand dieser Wetterzone auf einen Schlag am Boden wälzen ) die Ursache, sondern nur der Ausdruck einer zusätzlichen Belastung, die eine bereits vorhandene unbemerkte Gesundheitsstörung zur massiven Erkrankung werden lässt.
Zusammenfassung Dickdarmverdauung des Pferdes
"Mensch, rühre nicht am Naturgesetz, du gerätst notgedrungen in eine Sackgasse" ( Paracelsus )
- Über 60% des Gesamtvolumens des Verdauungstraktes entfallen auf den Dickdarm!
- Die Verweildauer des Nahrungsbreis im Dickdarm beträgt mehr als das Zwanzigfache ( bis 30-fache ) von der des Dünndarms!
- Der Dickdarm ist der Ort der mikrobiellen Verdauung. Die Zahl der im Dickdarminhalt des Pferdes vorkommenden Keime erreicht einen ähnlichen Umfang wie in den Vormägen der Wiederkäuer
- Rohfaser ist nicht gleich Rohfaser!
- Nicht nur die Gesundheit, auch das Leistungsvermögen ( und die Rittigkeit! ) eines Pferdes hängt maßgeblich von der Dickdarmverdauung ab!
- Im Dünndarm unzureichend abgebaute Futterinhaltsstoffe ( insb. Kohlenhydrate und Fette ) beeinflussen maßgeblich die Bakterienflora des Dickdarms
- Mikroben wachsen oder sterben in Abhängigkeit des vorhandenen Nährsubstrates und des pH-Wertes ihres Umgebungsmilleus
Ernährungsbedingte Einflüsse auf die Dickdarmflora
- Gabe von Milchzucker ( bis zu 1g / kg LM / Tag )
- Kohlenhydratintensive Fütterung:
Senkung von pH-Wert u. Essigsäurebildung, Erhöhung der Propionsäurebildung.
Stärke, Proteine führt zu Umschichtung der Darmflora mit verstärkter Milchsäurebildung => Reduzierte Futteraufnahme, Tympanien ( Blähungen ) , Gaskoliken!
Nahrungsfette
- verholztes Rauhfutter
- Strukturmangel
Die Gesundheit der Darmflora ist abhängig von:
- dem vorhandenen Nährsubstrat
- pH-Wert
- bakterizid, bakteriostatisch wirkenden Stoffen
- wachstumsfördernden Stoffen
Rohfaser ist lediglich ein Begriff aus der Weender-Analyse ( ein Standardverfahren zur Ermittlung der Inhaltsstoffe von Futtermitteln ).
Dieser Begriff umfaßt summarisch in der Pferdefütterung zu findende Rohfaserarten wie z.B. Cellulose, Hemicellulose, Pektin, Lignin.
Und sagt nichts über die Qualität, sprich Eignung eines Futtermittels als Rohfaserlieferant für Pferde aus!
Lignin z.B. kann durch die Dickdarmmikroben nicht angegriffen werden und entsprechend ist z.B. stark verholztes Heu kein geeignetes Heu für Pferde!
Neben dem Begriff Rohfaser verdient der Begriff Struktur in der Pferdefütterung mehr Gewicht, denn ausreichend Struktur ( 20% der TS-Aufnahme ) bewirkt:
- ausreichende Einspeichelung
- langsame Füllung des Magens
- niedrigen Trockensubstanzgehalt des Mageninhaltes
- moderate mikrobielle Aktivität ( Magen, Dünndarm )
- moderate, kontinuierliche Säurebildung ( Dickdarm )
- ausreichenden Wasser- und Elektrolytspeicher im Dickdarm
Hafer
Bei der Dünndarmverdauung wurde bereits die besondere Eignung des Hafers für die Pferdefütterung dargestellt, an dieser Stelle sei zusammengefaßt:- hoher Anteil an Schleimstoffen
- hoher Anteil an Spelzen ( Auflockerung des Futterbreis )
- auch unaufgeschlossen höchste praecaecale Stärkeverdaulichkeit
- hoher Gehalt an Fett
- für das Pferdegebiß ideal zum Kauen
- höchste Schmackhaftigkeit.
Was macht Pferde heiß?
In Europa ist es der Hafer, in den USA ist es der Mais, in Australien ist es die Weizenkleie, im Orient ist es die Gerste.
Und überall auf der Welt ist es in Wirklichkeit ein Energieüberschuß!
Überdenkenswertes zum Thema Rauhfutter
Rohfaser ist nicht gleich Rohfaser.
In der Pferdefütterung übliche Rauhfuttermittel:Wiesenheu, Anwelksilage, Stroh, Luzerneheu, Wiesencobs.
Pferde sind auf ausreichende Struktur angewiesen - rund 20% der TS-Aufnahme sollte in Form unzerkleinerter Rohfaser vorliegen!
Enzymatischer und mikrobieller Nährstoffabbau ist abhängig vom pH-Wert.
Lignin ist den mikrobiellen Umsetzungen nicht zugänglich.
Je höher der Rohfasergehalt, desto niedriger die Verdaulichkeit.
Die Bildung flüchtiger Fettsäuren aus dem Stroh erfolgt stoßweise, aus dem Heu kontinuierlich.
Mit der Rauhfutteraufnahme korreliert nicht nur Trinkwasseraufnahme, sondern auch das körpereigene Speichervermögen für Wasser und Elektrolyte.
Rauhfutter ist das „Life-Style“ Futter für Pferde.
Änderung der Rohfaserart während des Aufwuchses
Rauhfutter besteht aus Zellwänden ( Zellulose, Hemizellulose, Lignin ) und Zellinhalten ( Zucker, Stärke, Fett, Eiweiß ).
Die Zellwände können nur mikrobiell verdaut werden.
Im Caecum und Colon vorkommende Darmmikroben bauen die Zellwände ab, dabei entstehen flüchtige Fettsäuren ( Essig- Propion- und Buttersäure ).
Essigsäure ( Hauptanteil ) wird meist zur Fettbildung herangezogen ( deshalb macht Heu die Pferde "rund" ).
Propionsäure wird zur Glykogenbildung herangezogen, Buttersäure ( geringster Anteil ) zur Fettbildung.
Lignin kann mikrobiell nicht angegriffen werden! Lignin ist eine Gerüstsubstanz der Pflanze und wird mit zunehmendem Halmwachstum vermehrt eingebaut ( um die Standfestigkeit des Halmgerüstes zu stärken ) und verbindet sich dabei mit der Zellulose und der Hemizellulose zu einem unlöslichen Komplex.
Deshalb die Faustregel: je länger der Halm desto niedriger der Nährstoffgehalt!
Heuernte wann?
Vorurteil: Pferdeheu muß möglichst spät geschnitten sein.
Später Schnitt:
- Verdaulichkeit weniger
- Nährstoffgehalt weniger
- Rohfasergehalt ( Lignin ) eher hoch
- Pilzbefall evtl. hoch
Schnittzeitpunkt Beginn-Mitte der Blüte:
- Nährstoffgehalt optimal
- Verholzungsgrad gering
- Pilzbefall gering
- Blatt-Stengelverhältnis optimal
- Trocknungszeit ( leider lang! )
Qualitätsbestimmende Erntefaktoren:
- Schnittzeitpunkt
- Einstellungen der Geräte
- Geschwindigkeit des Wendens
- Restfeuchte ( 15-18%)
Qualitätsbestimmende Lagerbedingungen:
- Licht
- Belüftung
- Feuchtegehalt ( erhöhte Feuchtigkeit => Schimmelpilz- und Milbenentwicklung )
Unterdachtrocknung führt oft zu Akzeptanzproblemen, vermutlich weil weniger Fermentationsprodukte entwickelt werden!
Sonnengetrocknetes Heu wird bevorzugt gefressen!
Silage, die ( staubfreie ) Lösung von Gesundheitsproblemen?
Für die Pferdefütterung in Frage kommende Silagen:
- Nassilage ( 80% Feuchte ): ungeeignet
- Anwelksilage: Feuchtigkeitsgehalt von 60 - 70% pH-Wert um 4
- Heulage: Feuchtigkeitsgehalt etwa 50%, pH-Wert um 4,5 - 5,5
Je mehr Milchsäure gebildet wird, desto besser die hygienische Qualität, desto niedriger aber der pH-Wert und desto problematischer somit für die Verdauungsvorgänge sowohl
im Dünn- wie auch im Dickdarm
Silage gärt schnell nach, schnelles Verfüttern nötig.
Teilweise hoher Gehalt an Hefen, insbesondere bei Nachgärung!
Listeriosegefahr!
Botulismusgefahr!
Fazit:
Schimmelpilze kommen auch auf Silagen vor! Und es lauern noch weitere gesundheitliche Risiken in den Ballen oder Tüten!
Und Luzerne?
Hoher Eiweißgehalt => Wasserverlust => erhöhtem Ammoniak im Stall.
Gefahr von Enterolithenbildung.
Copyright Dr.med.vet. Dorothee Meyer, IWEST.