Wildpferde im Rhein-Main-Gebiet - ein faszinierendes Erlebnis

Przewalski-Urwildpferde als Landschaftspfleger

Es kann schon eine Weile dauern bis man die einzige Wildpferdeart, die in ihrer Wildform bis heute überlebt hat, auf dem ehemalige Truppenübungsgelände der US-Armee "Campo Pond" in Hanau entdeckt.

Biotop Campo Pond_27
Dank der Erfahrung von Martin Schroth, Dipl.Biologe bei der Unteren Naturschutzbehörde Hanau, sind die Pferde nach kurzer Weile entdeckt. So geschehen bei einer Führung Anfang August 2012 durch "Campo Pond" das jetzt Naturschutzgebiet ist.

Biotop Campo Pond_10 Erfahrbar und sichtbar wird bei so einer Führung das erfreuliche Zusammenspiel von Naturschutz, Artenschutz- und Auswilderungsprojekt.

Campo Pond - jetzt ein wertvolles Biotop

Der erste faszinierende Eindruck ist allerdings die ungewohnte "urwüchsige" Steppenlandschaft. Ein großflächiges Gelände, das mit seinen sandigen Böden, offenen Grasflächen und kleinen Verbuschungen, begrenzt von Waldarealen, sehr selten geworden ist (in Hessen nur noch der "Griesheimer Sand" bei Darmstadt). Aufgrund nährstoffarmer Bedingungen konnten hier sich über Jahre wertvolle Pflanzen und Tiere erhalten und entwickeln.

Lageplan Campo Pond_12
Die 110 ha große Gebiet mit ca 70 ha Offenlandbereich ist als Flora-Fauna-Habitat (FFH-Gebiet) ausgewiesen und ein europaweit geschütztes Gebiet (Natura 2000).

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Ohne ständige Minderung der Nährstoffe (Emissionen aus der Luft, Stickstoff ua) durch aufwendige Pflege- maßnahmen, würde das steppenähnliche Ökosystem sich allerdings nicht erhalten. Um die Sandlebensräume busch- und waldfrei zu halten wurde deshalb das Beweidungsprojekt mit Przewalski-Pferden gestartet.

Eine Win-Win-Situation der doppelten bzw. dreifachen Art:

a) das wertvolle Ökosystem "Steppe" bleibt erhalten und ist Refugium für selten gewordene einheimische Tier-und Pflanzenarten wie Heidelerche, Kreuzkröte oder Feldgrillen sowie seltene Gräser, Moose und Flechten.

b) Für Przewalskipferde ist die Steppe der ideale Lebensraum und Basis für eine erfolgreiche Zuchtvermehrung im Rahmen des EEP-Zuchtprogramms (Europäisches Erhaltungszuchtprogramm Przewalskipferd). Letztendliches Ziel ist die Wiederauswilderung in ihrer ursprünglichen Heimat Mongolei und Kasachstan.

c) Aber nicht nur die Natur gewinnt bei diesem erfolgreichen Naturschutzprojekt. Die Industriestadt Hanau wird für ihr Engagement mit Preisen ausgezeichnet und die Bürger fasziniert der neue Naturpark mit den Pferden. Auch der geplante Ausbau eines Informations- und Umweltzentrums wird die Attraktivität steigern. Führungen finden bereits (monatlich) statt und können nur weiter empfohlen werden - ein bleibendes Erlebnis.

Die Przewalski-Herde in Campo Pond

Das Przewalski-Pferd (Equus ferus przewalskii), auch Urwildpferd, Takhi oder Asiatisches Wildpferd genannt, ist die einzige echte Wildpferdeart, die Dank rechtzeitiger Zuchtbemühungen in ihrer Wildform bis heute überlebt hat. Przewalski-Herde_54
Ihr Anblick ist faszinierend und es kann schon ein ehrfürchtige Grundstimmung aufkommen. Kein Wunder - handelt es sich doch nicht um Rückzüchtungen wie beim ausgestorbenen europäischen Wildpferd Tarpan, die sog. Koniks.
Dank diverser Initiativen ist die Population von weniger als 40 Pferden Anfang 1950 auf ca 2000 Tieren gestiegen. Das große Ziel ist eine Wiederauswilderung in ihrer urprünglichen Heimat in Zentralasien. Wildpferde aus dem Hanauer Gatter könnten eines Tages möglicherweise wieder in ihrer zentralasiatischen Heimat ausgewildert werden.

Die Herde in Hanau, die seit September 2009 besteht, ist eine reine Stutengruppe mit zur Zeit 7 Pferden. Przewalski-Herde Leitstute_60

Die markantesten äußeren Merkmale sind gut zu beobachten: beige-braunes Fell, Aalstrich auf dem Rücken, dunkle Stehmähne, ein fast weißes Mehlmaul, hell umrandete Augen, ein heller sog.Schwalbenbauch, Schweifansatz kurz beharrt und Zebrastreifung an den Beinen.

Ein weiteres, nicht direckt sichtbares, aber messbares Merkmal läßt sich über eine Genanalyse feststellen: die Chromosomenzahl unterscheidet sie sich gegenüber Hauspferden (66 statt 64). Przewalski-Herde_28

Ein Blick auf die Hufe


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Ist man an der Bein-und Hufgesundheit interessiert, richten sich die Blicke selbstverständlich auch nach unten.
Was zu vermuten war - Urwildpferde müssen von ihren Bewegungunggrundlagen optimal ausgestattet sein, sonst hätten sie nicht überlebt. Gerader Rücken, Schulter, Hüft- und Beingelenke bis zu den Fundamente, den Hufen - da gibt es wohl kaum was zu bemängeln. Im Gegenteil, ...

Przewalski-Hufe Przewalski-Hufe Przewalski-Hufe Przewalski-Hufe Przewalski-Hufe

Hier zeigen sich Hufe, die den Lebensbedingungen, von den Bodenverhältnissen, Haltung, Klima bis zur Bewegungsleistung angepasst sind.
Recht kräftige, groß dimensionierte Hufe, mit Wandüberstände über Sohlenniveau, eine gute hintere Hufhälfte mit kräftigen Ballen und Strahl, ein schönes Sohlengewölbe.

Przewalski-Hufe
Wie geschickt ein Urwildpferd mit den Hufen umgehen kann zeigt sich hier beim Kratzen einer juckenden Stelle direkt neben dem Auge.

Wildpferdehufe als Forschungsgegenstand

Przewalski-Hufe Bei einer Führung können nur erste Eindrücke gemacht werden wie sich die Hufe formen und dauerhaft gesund erhalten. Bei diesem Pferd sind die Seitenwände bereits weggebrochen, die Zehewand und evtl. Trachten aber noch überlang.
Fragen über Fragen stellen sich ... , u.a. wie sieht der Vorgang aus wenn sich eine Sollbruchstelle bilden muss. Wie verändert sich die Fußung ? Welchen Einfluss hat die Zeit bis zum Wegbrechen der Zehe oder Seitenwände auf die Hufe? Wie physiologisch ist die Hufform?

Przewalski-Hufe Przewalski-Hufe Przewalski-Hufe Przewalski-Hufe
Wünschenswert wäre es schon, wenn das Forschungfeld (zur Zeit wird das Naturschutzgebiet durch Botaniker und Zoologen fachlich begleitet) erweitert werden könnte in Hinblick auf Hufgesundheit.

Weitere Infos zu Campo Pond - Links

Urwildpferde in Hanau www.hanau.de/lih/natur/arten/
Weideprojekte-hessen www.weideprojekte-hessen
Monitoring FFH 2011 www.hanau.de/..../monitoring
Broschüre "Wildpferde als Landschaftspfleger" www.hanau.de/....umweltbrosch
Tierpark-Hellabrunn www.tierpark-hellabrunn
Wikipedia Przewalski www.wikipedia